Dienstag, 20. März 2018

Wie ich das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig baute



Plaudereien vom Bau des Völkerschlachtdenkmals

Von Otto Rudolph

Seinem l. Sohn Johannes
zum frdl. Gedenken zugeeignet
Leipzig, Okt. 1937
Otto Rudolph

Leipzig 1937




Es war in Leipzig die Straße „An der Pleiße“, dort befand sich in Nr. 12 seit 1888 ein kleines, bescheidenes, aus 3 Räumen bestehendes Baubüro. Am Eingange war eine Marmortafel angebracht mit der Inschrift „Clemens Thieme, Atelier für Architektur und Bauausführung“.
Von hier aus ergingen im April 1894 ersten Einladungen zur Gründung eines Vereins, der das Ziel haben sollte, bis zur Jahrhundertfeier der Völkerschlacht ein würdiges Denkmal im Sinne Ernst Moritz Arndt‘s zu errichten. Am 26. April desselben Jahres fand bei Kitzing & Helbig die erste Sitzung statt, in welcher dieser Verein gegründet wurde unter dem Namen „Deutscher Patriotenbund zur Errichtung eines Völkerschlachtdenkmals bei Leipzig“.
Als erster Vorsitzender wurde der Einberufer, Clemens Thieme, gewählt, der bis zum heutigen Tage dieses Amt noch bekleidet.
Jetzt entwickelte sich in diesem Baubüro eine äußerst rege Gewerbetätigkeit und Propaganda. Dabei mussten aber auch die laufenden Bauaufträge mit Sorgfalt erledigt werden. Die ersten erforderlichen und nicht unbedeutenden Geldmittel für die Werbetätigkeit wurden vom Vorsitzenden in hochherziger Weise zur Verfügung gestellt. Hunderttausende von Mitgliedskartenheften, enthalten je zehn Mitgliedskarten zu je 50 Pfg., wurden über ganz Deutschland verbreitet. Gleichzeitig wurde an die Herausgabe einer Zeitschrift gegangen, deren erste Nummer schon im November 1894 unter dem Titel „der Patriot, Mitteilung des Deutschen Patriotenbundes“ erschien. Der Bezugspreis betrug jährlich 2.- Mk. und wurde die Öffentlichkeit durch diese Zeitschrift fortlaufend von dem Stande der gestellten Aufgabe unterrichtet. Erst mit der Vollendung des Völkerschlachtdenkmals wurde das Erscheinen dieser Zeitschrift eingestellt.
Schon im August des folgenden Jahres 1895 wurde an ein Preisausschreiben zur Erlangung von Skizzen für ein Völkerschlacht-National-Denkmal herangetreten und dafür ein Betrag von 5000 Mk. an Preisen ausgesetzt. Bis zum 15. Nov. desselben Jahres waren 72 Entwürfe eingegangen, die in der Hauptsache zeigten, wie das Völkerschlachtdenkmal nicht gestaltet werden dürfte.
            Vom 18. Oktober 1895 ab wurden alljährlich an diesem Tage vom Deutschen Patriotenbund sogenannte Oktoberfeiern mit Kommers veranstaltet, um in der Bevölkerung das Interesse für diesen Tag der Befreiung Deutschlands vom Joche Napoleons stets wach zu erhalten.
            Nachdem die Stadt Leipzig dem Deutschen Patriotenbund 20.000 M für die Gewinnung endgültiger Pläne für ein Völkerschlachtdenkmal bewilligt hatte, schrieb der Deutsche Patriotenbund im August 1896 ein 2. Preisausschreiben aus, dem das von Thieme in Ausführlichkeit ausgearbeitete Programm zu Grunde lag, wie das Völkerschlachtdenkmal gestaltet sein musste. 73 Entwürfe waren bis zum 25. Dezember desselben Jahres rechtzeitig eingegangen. Als Sieger aus diesem Wettbewerbe gingen hervor die Architekten: Kreis - Charlottenburg, Rieth – Berlin, Spaeth & Usbeck – Berlin, Prof. Schmitz – Berlin und Hartmann – Berlin. Doch auch diesmal eignete sich keiner dieser Entwürfe für die gestellten Anforderungen für ein Völkerschlachtdenkmal. Nach vielseitigen Erwägungen wurde dann Prof. Bruno Schmitz nun direkt beauftragt, einen neuen Entwurf nach den Ideen Thiemes auszuarbeiten, der dann auch vom Juni 1897 ab in der Sächs. Thüringischen Ausstellung in einem Pavillon der Öffentlichkeit gezeigt wurde. Hierbei stellte sich befremdender Weise heraus, dass dieser Entwurf eine genaue Nachbildung einer der Arbeiten eines Schülers der Pariser Kunstakademie darstellte. Auf entsprechende Vorstellung dieserhalb äußerte sich Prof. Schmitz, dass er vom Besten nur das Beste genommen habe. Hierauf musste natürlich eine abermalige Bearbeitung des Entwurfes vorgenommen werden.
 Es verging immer noch über 1 Jahr, bis der Entwurf soweit den Anforderungen entsprach, dass am 18. Oktober 1898 auf dem Hügel des von der Stadt Leipzig dem Deutschen Patriotenbund geschenksweise überlassenen 42 500 qm großen Denkmalgeländes den 1. Spatenstich getan werden konnte, den der 1. Vorsitzende des Deutschen Patriotenbundes vollzog. Unter großer Beteiligung aller Behörden und der Einwohnerschaft von Leipzig und der Umgebung gestaltete sich diese Feier zu einer mächtigen Kundgebung. Ein kleiner Karton mit der Erde des 1. Spatenstichs befindet sich noch heute nebst dem dazu gebrauchten Spaten im Museum-Zimmer des Völkerschlachtdenkmals.
            Jetzt wurde mir vom Deutschen Patriotenbund die Bauleitung als Bauführer für das Völkerschlachtdenkmal übertragen. Nunmehr galt es für das Völkerschlachtdenkmal erst einmal die Gründung herzustellen, denn das Denkmal direkt auf den in früheren Jahren aufgeschüttetem Hügel zu setzen, wie es der damalige Gartenbaudirektor der Stadt Leipzig vorschlug, ließ sich mit der Verantwortung der Bauleitung nicht in Einklang bringen, ebenso wenig der von einer Baufirma gemachte Vorschlag, eine Anzahl eisenarmierte Betonsäulen aufzustellen und darauf das Völkerschlachtdenkmal aufzusetzen.
Es blieb daher nichts anderes übrig, als von dem Hügel die Baugrube für die Fundamente wieder auszuschachten. Über 82 000 cbm Erdreich mussten ausgehoben und nach den seitlichen Wällen verteilt werden. Fast 2 Jahre nahmen diese Arbeiten in Anspruch. Da in den Jahren nach der Völkerschlacht dieses Areal als ausgiebige Sandgrube benutzt und später wieder zugefüllt worden war, musste mit der Ausschlachtung bis auf die alte Sandgrubensohle hinab gegangen werden. Etwa 1 Spatenstich tiefer, das ist ca. 4,25 unter der Straßenhöhe, wurde der entsprechende Baugrund gefunden. Hierzu sei bemerkt, dass bei den Ausschachtungsarbeiten auch nicht das Geringste gefunden wurde, das auf das frühere Schlachtfeld hätte hindeuten können. Zur Untersuchung des Baugrundes wurden 4 Bohrlöcher hergestellt. Das erste 19,20 m tief, die anderen 3 bis zu 10,50 m Tiefe.
Bohrlöcher unterm Völkerschlachtdenkmal
Sehr interessant ergab sich die Lage und Stärke der verschiedenen Bodenschichten. So zeigte das unter dem linken vorderen Hauptpfeiler hergestellte Bohrloch von oben herab: 0,60 m groben Kies, 1,90 m gelben Kies, 2,00 m feinen Kies, 1,25 m feinen Sand, 0,15 m Bänderton, 2,50 m weißen Letten, 1,40 m schwarzen Letten, 1,90 m weißen Letten, 0,80 m weißen tonigen Sand, 1,60 m weißen Letten, 0,85 m gelben Letten, 4,05 m toniger Sand und 0,20 m scharfen Sand. Das Bohrloch unter dem rechten vorderen Hauptpfeiler ergab: 3,00 m gelben Kies, 0,60 m gelben Letten, 0,75 m grauen Letten, 0,50 m schwarzen Letten und 5,65 m grauen Letten. Das Bohrloch unter dem linken hinteren Pfeiler zeigte: 2,70 m gelben Kies, 2,50 m Erbssand, 0,30 m gelben Letten, 0,40 m weißen Letten und 4,60 m blauen Letten. Das Bohrloch unter dem rechten hinteren Hauptpfeiler zeigte: 2,30 m gelben Kies, 0,15 m gelben Letten, 0,40 m Erbssand, 1,90 m schwarzen Letten und 5,75 m gelben und blauen Letten.
Bei so verschiedenartiger Beschaffenheit des Baugrundes gegenüber dem gewaltigen Gewicht des Denkmals wurde noch eine Probebelastung vorgenommen. Der von mir ausgeführten statischen Berechnung zu Folge war mit einem Höchstdruck von 6 kg pro qcm zu rechnen. Vier Holzstempel von je 10 x 12 cm Querschnitt wurden mit 6 kg pro qcm belastet. Die Probe selbst wurde bei Regenwetter vorgenommen. Dabei zeigte sich eine Einsenkung von 1-2 cm. Bei einer Steigerung der Belastung bis zu 10 kg pro qcm zeigten sich Einsenkungen von 3 und 4 mm. Nach Verlauf von weiteren 14 Tagen waren keine Einsenkungen mehr nachweisbar. Die Belastungsprobe war somit sehr günstig ausgefallen.
Nach dem nunmehr die Cementstampfbetonarbeiten in öffentlicher Ausschreibung der Fa. Rud. Wolle in Leipzig übertragen waren, konnte Mitte September 1900 mit den Bauarbeiten begonnen werden. Gleich beim Abstecken der Fundamente bemerkte ich, dass die dazu benutzten Bandmaße nicht übereinstimmten. Ich schaffte mir daraufhin ein 20,- m langes neues Stahlbandmaß an, welches einzig allein für diesen Bau Verwendung fand.
            Am 18. Oktober desselben Jahres konnte dann der Grundstein gelegt werden. Zu diesem Zwecke wurde der selbe Grundstein wieder benutzt, der bereits 1863 zur Fünfzigjahrfeier schon einmal gelegt worden war. Er lag etwa 1 km nördlich von der jetzigen Baustelle in der Nähe der Verbindungseisenbahn unbeachtet auf freiem Felde. Es waren zwei übereinanderliegende Steine von je 1,50 m Seitenlänge und 0,50 m Höhe, im unteren war eine viereckige Öffnung eingearbeitet, in welcher sich noch vorfanden: 1 Zinkkapsel nebst Pergamenturkunde, 1 Preußischer Pfennig, 1 Sechsgroschenstück, sogenannte Marinegroschen und 1 österreichisches kupfernes fünfzehn Kreuzerstück. Dies alles wurde wieder in den nach der jetzigen Baustelle transportierten Grundstein eingelegt und diesem weiter die Nummern der „Leipziger Zeitung“, des „Leipziger Tageblattes“,, der „Leipziger Neuesten Nachrichten“, des „Leipziger Stadt- und Dorfanzeigers“, der „Leipziger Gerichtszeitung“ und des „Generalsanzeigers“ vom 13. bzw. 14. Oktober 1900, ferner das Protokoll der ersten Sitzung des Deutschen Patriotenbundes vom sechsten 20. April 1894, die vom ersten Schriftführer des Deutschen Patriotenbundes, Herrn Dr. Alfred Spitzner verfasste Denkschrift des Deutschen Patriotenbundes und die von den Architekten Polster & Höhne entworfenen Pläne der Festdekoration beigegeben.
Ein großer Festzug kam bei Regenwetter aus der Stadt und nahm in der Mittagsstunde am Grundstein und der Rednertribüne Aufstellung. Da wurde mir plötzlich die Mitteilung gemacht, dass auch ich die Ehre haben sollte, als Bauführer ebenfalls 3 Hammerschläge auszuführen und gleichzeitig auch für den durch Krankheit verhinderten Prof. Schmitz. Für diesen sprach ich:
„Vom Freiheitsgeist und Treu bewahrt,
Sei Ruhmestempel deutscher Art.“
Und für mich benutzte ich:
„Weisheiten leit unseren Bau,
Stärke führe ihn aus,
Schönheit zierte ihn.“
Als letzter sprach der Vorsitzende des Deutschen Patriotenbundes die Worte: „Mit Gott - für den Kaiser - und das Reich“. Jetzt klärte sich auch das Wetter wieder auf und die Sonne strahlte auf den Grundstein, gleichsam als günstiges Vorzeichen für die weiteren Bauarbeiten. Auch diese Feier gestaltete sich zu einer großen freudigen Kundgebung.
            Zu den bisherigen Fundamentarbeiten wurde der aus der Baugrube gewonnene Kies, nachdem er vorher gewaschen wurde, benutzt. Jetzt musste an eine neue in der Nähe liegende Bezugsquelle gedacht werden. Da stellte die Stadt Leipzig ein bei Dösen gelegenes Gelände für die Kiesgewinnung zur Verfügung. Zwecks rationellen Betriebes wurde hierzu eine Drahtseilbahn angelegt, die bei 1,5 km Länge das Material direkt aus der Kiesgrube über die Felder und dem Südfriedhof hinweg zur Baustelle beförderte. Am 27. Juli 1902 wurde diese Bahn in Betrieb genommen und lieferte täglich ca. 140 cbm Kies direkt in die Verarbeitungsmaschinen.
            Da kein Geld vorhanden war, hatte Thieme die dazugehörenden Mittel in Höhe von 60 000 M bereitgestellt. Zur Beschaffung der weiteren Mittel, um die Weiterführung der Bauarbeiten zu gewährleisten, entschloss sich der Deutsche Patriotenbund nach mühevollen Vorarbeiten zur Veranstaltung von Lotterien, deren 1. im Februar 1903, deren letzte, die 26. im November 1914 stattfand, da sich kein Unternehmer fand, wurde die Ausspielung von Thieme übernommen. Für die 200 000 Losnummern musste extra eine besonders große Ziehungstrommel angefertigt werden mit 4 Ctr. Tragkraft. Innerhalb 4 Tagen wurden unter Teilnahme von 4 Waisenknaben über 15 000 Gewinne gezogen, deren letzter eine Prämie von 75 000 M erhielt. Diese Denkmallotterien fanden eine rege Beteiligung. Es mussten aber auch für diese Lotterien 2 600 000 M an Reichsstempelsteuern entrichtet werden, obwohl die Lotterien nicht im gesamten deutschen Reiche erlaubt waren. Sehr interessant ist es, wenn man heute die verschiedenartigen Gründe liest, weshalb viele Bundesstaaten, darunter auch Preußen, die Genehmigungen versagten.
            Am 18. Oktober 1903 fand zur 90 Jahrfeier der Völkerschlacht auf der Baustelle abermals eine große Veranstaltung statt, bei welcher ebenfalls wieder der 1. Vorsitzende des Deutschen Patriotenbundes die Festrede hielt. Angesichts der schon ziemlich hoch emporstrebenden Fundamente konnte man sich nun schon ein Bild von der Gewaltigkeit des entstehenden Denkmals machen. Jetzt kam auch die Zeit, dass die weiteren Stampfbetonarbeiten, die Lieferung des Steinmaterials sowie die Versetzarbeiten veranschlagt und ausgeschrieben werden mussten. Als Unterlage dazu war wohl von Prof. Schmitz ein Stück Ansicht – Durchschnitt und 1 Grundriss geliefert. Dabei mussten aber erst eine große Anzahl Zwischenpläne angefertigt werden. Für jede einzelne Quaderschicht ein besonderer Grundriss mit genau errechneten Maßen, der gleichzeitig führt die Ausführung diente. Bis 20. Januar 1904 waren dann rechtzeitig 19 Angebote für die Stampfbetonarbeiten und 21 für die Granitlieferungen eingegangen. Für die ersteren erhielt der Mindestfordernde, die Fa. Rud. Wolle in Leipzig den Auftrag. Für die Granitlieferung musste erst die Wahl des zur Verwendung kommenden Materials getroffen werden, lagen doch aus allen Teilen des Reiches hierzu Proben und Angebote vor. Thieme entschloss sich hierbei für den Beuchaer Granitporphyr und erhielt so die Fa. G. Günther in Leipzig den Auftrag.
Die 40,- m hohe Freitreppe war die erste Arbeit. Mittlerweile war auch von Prof. Behrens in Breslau das Modell in 1/4 der natürlichen Größe für das große Relief eingetroffen. An diesem Modell mussten die einzelnen Schichten und Fugenschnitte äußerst sorgfältig markiert und danach wieder die Bauausführungspläne gezeichnet werden. Gleichzeitig wurde auch mit den seitlichen Stützmauern begonnen, wozu Steine bis zu 350 Ctr. Gewicht erforderlich waren. Der Transport dieser schweren Steine verursachte besondere Schwierigkeiten, war doch gleich der erste Stein, als er auf der Bahn auf den bereitstehenden Rollwagen aufgeladen werden sollte, durch diesen hindurch gebrochen. Einen Tag später wurde dann dieser Stein auf bekränztem Wagen durch die Stadt nach der Baustelle gefahren. Je 2 dieser Steinkolosse liegen am Anfang der ersten Schicht in den Stützmauern, jeder 360 Ctr. schwer.
Bau zum 30.9.1907
            Als die erste hinter diesen Stützmauern liegende Treppe ausgeführt werden sollte, ersah man schon aus den Schmitz’schen Zeichnungen, dass sich diese Treppe sehr schwer erstellen lassen würde. Prof. Schmitz, auf diesen Übelstand aufmerksam gemacht, äußerte sich dahin, dass die Stufen eigentlich noch höher sein müssten, man müsse doch merken, dass man zu etwas Großem emporsteige. Der Autorität Prof. Schmitz gegenüber, glaubte man jedoch nicht entgegenzutreten. Doch nach der Fertigstellung dieser Treppe kam man zu dem Entschluss, dass diese Art Stufen nicht mehr verwendet werden dürften und führte die weiteren Treppen mit einem gefälligeren Steigungsverhältnis aus, ohne sich um den drastischen Anspruch von Prof. Schmitz zu kümmern.
            Bei der weiteren Bearbeitung der Bauzeichnungen fehlte bisher ein Modell des Völkerschlachtdenkmals im Anschluss an die Umgebung. Und so machte ich mich in meiner freien Zeit abends daran, unter Benutzung der Lotterieplakate ein solches herzustellen. Hatte ich doch schon als 12-jähriger Junge einmal u.a. den Kölner Dom aus Modellierbogen zusammengebaut. In einem Maßstab von 1:250 gelang mir auch diese Bastelei und kam neben dem Modell der Reliefwand mit zur Aufstellung. Am 20. Februar 1906 besichtigte der König von Sachsen, Friedrich August, bei dem Besuch der Baustelle das Reliefmodell sowie das große bereits in Angriff genommene Relief der Vorderseite, wo die große St. Michaelfigur schon in großen Umrissen herausgearbeitet war. Bei diesem Besuch gab der 1. Vorsitzende des Deutschen Patriotenbundes die gewünschten Erklärungen.

Kurze Zeit nach diesem den Deutschen Patriotenbund und seinem nationalen Unternehmen in höchstem Maße ehrenden königlichen Besuch ernannte Sr. Majestät den verehrten Vorsitzenden Herrn Clemens Thieme zum Kgl. Sächs. Kammerrat.
            Nachdem die Fundamente bis zur Höhe der Reliefwand aufgeführt waren, wurde an jedem der vier Hauptpfeiler die Blitzableitung angebracht. Mit den Enden im Grundwasser liegend, wurden später die kupfernen Seile innerhalb der Pfeiler nach und nach mit nach oben geleitet. Auch eine umfangreiche Entwässerungsanlage wurde innerhalb der Pfeiler gleich mit angelegt, obgleich dies Prof. Schmitz absolut für unnötig hielt. Es stellte sich aber später doch heraus, dass diese Maßnahme sehr gerechtfertigt war.
            Nachdem der Unterbau mit den 3 großen Sockelschichten vollendet war, wurde auf diesem das erste Gerüst aufgebaut, dass eine Höhe von 54,- m erreichte und gegen 700 cbm Holz erforderte. Außerdem wurde eine umfangreiche maschinelle Anlage mit zum größten Teile elektrischen Antrieb eingerichtet. Diese Anlage setzte mit 75 PS vier fahrbare Steinwinden, zwei Steinaufzüge, zwei Pumpen, eine Betonmischmaschine und die Drahtseilbahn in Betrieb.
Bau zum 12.10.1907
            In den Hauptpfeilern wurden die Wandeltreppenstufen mit dem Fortschreiten der Arbeiten gleich mit eingelegt. Die vier großen Bogenöffnungen erforderten wieder ein besonders starkes Vorsatzgerüst, denn solange nicht der letzte Stein im Bogen versetzt war, musste die ganze Last das Vorsatzgerüst tragen. Dieses stand auf Sandsäcken, welche nach der Fertigstellung jeden Bogens vorsichtig zerschnitten wurden, sodass der feine Sand langsam herausfloss und so sich das Gerüst ohne Erschütterung von seiner Last befreite und senkte.
            Zu gleicher Zeit mit den vier großen Rundbögen mussten die Zwickel des anschließenden Kugelgewölbes mit ausgeführt werden, wobei jeder einzelne Stein besonders errechnet und konstruiert werden musste. Mit großer Erwartung sah ich der Einführung des letzten Steines dieses Kuppelgewölbes entgegen und konnte dann feststellen das alles haargenau übereinstimmte. Das Kugelgewölbe war fertig, ohne dass an irgend einem Steine eine Nachbearbeitung erforderlich gewesen wäre, denn bei dem dicht stehenden Gerüst war es ganz ausgeschlossen, sich an einen feststehenden Mittelpunkt zu halten, was das Einfachste gewesen wäre. Alles musste nach kreuz und quer errechneten Maßen ausgeführt werden.
            Nachdem der Bau bis zur Höhe des Hauptgesimses fortgeschritten war, brachte Prof. Schmitz Zeichnungen, nach denen an den Ecken des Hauptgesimses große, weit ausladende Wasserspeier angebracht werden sollten, die das Regenwasser direkt auf die unten vorbeiführenden Treppen geleitet hätten. Das war natürlich auch wieder eine unmögliche Zumutung für die Besucher des Völkerschlachtdenkmals bei ev. Regenwetter. Daraufhin wollte er anstelle dieser Wasserspeier große Reiterfiguren zur besseren Heraushebung der Ecken angebracht haben. Auch dies wurde teils aus künstlerischen, teils aber auch aus konstruktiven Gründen vom 1. Vorsitzenden des Deutschen Patriotenbundes ganz energisch abgelehnt. Bei einer solchen Auseinandersetzung mit Prof. Schmitz fielen dabei von ihm die Worte: „Da bin ich doch bloß noch ihr Zeichner.“ Und in der Tat.
Alle wesentlichen im Laufe der Bauzeit entstehenden Veränderungen sind stets auf die Anregungen unseres 1. Vorsitzenden zurückzuführen. So z.B. der Wegfall des großen Steinkreuzes auf der Spitze, Anbringung der 12 großen Ritterfiguren anstelle von glatten Pfeilern mit kleinen Ornamenten, die Lösung des Überganges über den Hauptsims in den runden Oberteil, eine steilere Form des Denkmals durch Anbringung von 3 Sockelschichten anstatt früher deren zwei, sowie eine schlichtere Portalgestaltung in dem Rundbogen u.v.m. So wurde auch der Hauptsims in seiner jetzigen, Vornehmheit zeigenden Gestaltung, ausgeführt. Die Vorderseite zeigt den Tag des Sieges der Befreiungsschlacht: „18. Oktober 1813“ in 1 m hoher Schrift. Bis hierher waren auch die Wendeltreppen mit hochgeführt. Von hier aus sollte es aber auch weiter nach oben gehen. Da sandte Prof. Schmitz auf Anfordern eine Zeichnung mit dem Bemerken, dass eine Weiterführung der Treppen im Inneren der Pfeiler nicht mehr möglich sei und schlug dann, wie aus der Zeichnung ersichtlich war, vor, vom Hauptsims außerhalb des Denkmals eine eiserne Leiter bzw. Treppe anzubringen, die sich jeweils der Form des Oberbaus anpassen solle. Diese Zeichnung ging dann natürlich postwendend wieder zurück mit dem Bemerken, dass, wenn er nicht in der Lage sei die Treppen innerhalb des Baus weiterzuführen, wir es dann selbst machen würden, so gut es eben gehen würde. Und dabei blieb es. Prof. Schmitz hat sich nie wieder um die Treppen gekümmert. Ich machte mich nun darüber her. Mithilfe einer Anzahl kleinen Modellstufen aus Gips probierte ich an der Hand der Baupläne so lange, bis ich endlich die Gewissheit hatte, dass es doch möglich sei vom Hauptsims aus im Innern der Mauerstärke und durch die oberen außenstehenden Figuren hindurch bis zur oberen Plattform zu gelangen. Und dass es ging, zeigt die ausgeführte Anlage, die als ein Meisterstück der Bauleitung anzusehen sein dürfte.
Nach Fertigstellung des unteren Kugelgewölbes und der Vollendung der darüber liegenden Brüstung der sogenannten Sängergalerie, bei der die obersten Steine noch ein Gewicht von 200 Ctr. hatten, ging es dann an die Ausführung der oberen großen Kuppel, deren innere Fläche 324 Reiter in 11 übereinander liegenden Reihen zieren. Hierzu hatte Prof. Metzner 2 Modelle, allerdings auf ebenem Grunde, anstatt auf Kuppelfläche geliefert. Jetzt galt es diese Reiter in die kreisrunden, sich auch nach oben verjüngenden Ringteile, einzufügen. Hierzu wurde erst ein entsprechend großes Stück der Gewölbefläche in Gips hergestellt, der dann in die Gipsform des Gewölbeteiles hineingebogen werden konnte. Hiernach konnten erst die wichtigen Gipsformen hergestellt werden. Dieses umständliche Verfahren wiederholte sich in jeder einzelnen Schicht. Nachdem die Formen für eine Schicht ringsum nach vorher berechneten Maßen sorgfältig aufgestellt und stark versteift waren, konnte mit der Hinterbetonierung begonnen werden. Mit dem Fortschreiten der Kuppel wurden gleichzeitig auch die Außenseiten mit hochgeführt, sowie die in den Pfeilern liegenden Wendeltreppen. Auch die oberen außenstehenden großen Ritterfiguren wurden gleich mit, wenn auch in einzelnen Steinen, versetzt.
Hierzu hatte man im Steinbruch eine solche große Figur aufgebaut und fix und fertig nach dem Modell bearbeitet. Danach wurde diese Figur wieder auseinandergenommen und von jedem Stein elf weitere Exemplare hergestellt. Am Bau selbst war dann sogut wie keine weitere Bearbeitung erforderlich.
Anfang Juni 1911 war die große Kuppel und der Bau selbst bis zur Höhe von 85 m aufgeführt. Jetzt wurde der letzte Teil des großen Gerüstes aufgesetzt. Am 18. Oktober desselben Jahres konnte das Richtfest stattfinden. Eine mächtige grüne Krone und wehende Fahnen schmückten nach altem Brauch den oberen weithin sichtbaren Teil des letzten Gerüstes. Am Fuße des Denkmals hielt der 1. Vorsitzende des Deutschen Patriotenbundes die Festrede in Gegenwart zahlreicher Abordnungen und Vertreter der städtischen und staatlichen Behörden. Unmittelbar darauf nahm der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig Dr. Dittrich das Wort und sprach den Wunsch aus, dass in 2 Jahren das Völkerschlachtdenkmal vollendet dastehen möge, davon ging es zur Ruhmeshalle empor, wo zu den drei großen allegorischen Figuren, der Opferwilligkeit, der Tapferkeit und der Glaubensstärke die vierte Figur, die deutsche Volkskraft der Grundstein zu dieser gelegt werden sollte.
Frau Oberbürgermeister Dr. Dittrich weihte diesen Stein mit den Worten: „Deutsches Volk, behalte was Du hast, damit dir niemand Deine Krone raube.“
            Obwohl an der Höhe nur noch 6 m fehlten, so verursachte doch gerade dieser Teil noch bedeutende technische Schwierigkeiten. Die mächtige quadratische Platte mit 10,60 m Seitenlänge und 3,60 m Höhe mit ihren weit hervorragenden vier Ecken musste eine besonders sorgfältige und sichere Konstruktion erhalten. Die dazu verwendeten Steine durften nicht schwerer sein als ca. 200 Ctr. Und zwölf solcher Stücke wurden benötigt. Auch hierzu benutzte ich wieder kleine Modellsteine aus Gips und probierte so lange, bis eine geeignete Lösung gefunden war.
Am 13. Mai 1912, dem 51. Geburtstage unseres 1. Vorsitzenden, konnte dann der letzte Stein mit dem Datum versehen, als Schlussstein eingefügt werden. Abermals hatte sich dazu wieder eine 1000-köpfige Menge am Fuße des Völkerschlachtdenkmals eingefunden, wobei der 1. Schriftführer des Deutschen Patriotenbundes, Herr Schuldirektor Dr. Alfred Spitzner, die Festrede hielt. Nach dieser erstieg ein kleiner Teil der geladenen Ehrengäste das Denkmal bis zur Plattform, woselbst der 1. Vorsitzende des Deutschen Patriotenbundes die letzten drei Hammerschläge ausführte. Am Abend fand im Großen Festsaale des Neuen Rathauses eine Festtafel statt mit ca. 350 Gedecken.
            Sofort nach der Einfügung des letzten Steines wurde mit der Abtragung des Gerüstes begonnen, während im Inneren noch tüchtig die Bildhauer an den großen Kolossalfiguren zu arbeiten hatten. Als ein besonders günstiger Umstand ist zu bemerken, dass während der gesamten Bauzeit kein wesentlicher Unfall eingetreten ist.
            Schon sobald das Völkerschlachtdenkmal einigermaßen in seiner Form zeichnerisch fest lag, wurden entsprechende Ansichtspostkarten davon hergestellt. Ich selbst fertigte dazu eine vergleichende Darstellung mit verschiedenen bekannten Denkmälern Deutschlands sowie eine Perspektive des fertigen Baues.
           


Nachdem das große äußere Gerüst beseitigt war, stellte sich heraus, dass durch die vier großen Rundbogenöffnungen Schnee und Regen durch das Innere des Denkmals hindurchfegte und der Straßenlärm hineindrang. Da wurde Prof. Schmitz gebeten, sich davon zu überzeugen. Auf Vorschlag unseres 1. Vorsitzenden sollten diese Bögen geschlossen werden und Verglasung erhalten. Doch davon wollte Prof. Schmitz nichts wissen. Er meinte, die Bögen mussten auf alle Fälle offenbleiben, sonst ging sein großes Motiv verloren, und reiste wieder zurück nach Berlin. Anderntags kam ein Telegramm „Die Bögen müssten geschlossen werden“, wie er es schon seit zehn Jahren geplant habe. Und so wurden diese Bögen geschlossen, wenn auch mit erheblichen Kosten, kamen doch hierbei noch allerhand Bildhauerarbeiten hinzu. Aber es wurde damit wirklich ein stimmungsvoller Raum, eine echte Weihestätte geschaffen. Und dies einzig und allein durch die unerbittliche Entschlossenheit unseres 1. Vorsitzenden.
            Schon während des Baues 1911 wurden die vorderen baulichen Anlagen in Angriff genommen. Denn zur Einweihung sollte nicht nur das Denkmal, sondern auch dessen engste Umgebung fertig sein. So der Teich, dessen Einfassung auf eingerammte Betonpfähle aufgesetzt wurde unter Beachtung von Ausdehnungsfugen. Für die Dichtung der aus aufgefüllten Boden bestehenden Teichsohle hatte der Rat der Stadt Leipzig eine 40 cm starke Lehmschicht empfohlen, wozu er den Lehm liefern wollte. Als die ersten Fuhren geliefert wurden, stellte sich heraus, dass das alles andere, aber kein gewachsener Lehmboden war. Durch Zufall konnten wir dann vom Ausstellungsgelände Lettich erhalten, sodass wenigstens eine 15 cm hohe Lettenschicht eingebracht werden konnte. Der eingetretene Verbrennungsprozess der in dem aufgefüllten Boden enthaltene fremde Bestandteile, wie Stroh, Lumpen etc. brachte es mit sich, dass im Anfange sich große Einbruchslöcher in der Teichsohle bildeten, die immer wieder mit Lettich verstopft werden mussten. Jetzt nach dem sich mit der Zeit eine natürliche Schlammschicht gebildet hat, gewinnt auch die Teichsohle an Dichtigkeit.
            Auf die vier großen vorderen Postamente hatte Prof. Schmitz die Absicht, auf jedes einen 15 m langen und 10 m hohen aufgerichteten Löwen aus Granit aufzubringen. Erst, nachdem ein solcher in leichtem Lettenprofil aufgerichtet war, musste sich Prof. Schmitz von diesem unsinnigen Vorschlag abkehren, hätten diese Löwen vom Eingang aus gesehen, doch das Völkerschlachtdenkmal weit überragt, ohne irgend einen Zusammenhang mit dem Wesen des Völkerschlachtdenkmals zu bilden.
            Je mehr das Völkerschlachtdenkmal seiner Vollendung entgegenging, je mehr wurde dasselbe von Einheimischen und Fremden besucht. Was wurden da mitunter für Fragen gestellt, die man beantworten sollte, so z.B. ob das Denkmal der Staat oder die Stadt Leipzig baue, über das Gewicht und die Masse, Bodendruck, Winddruck, Bodenbeschaffenheit, Gewölbeberechnungsformeln, Mischungsverhältnis, Steintransport, Anzahl der Arbeiter am Bau und im Baubüro. Dass ich im letzteren allein sei, wurde mir nie geglaubt, sondern schätzte immer noch 4-5 Mitarbeiter. Aber woher die Mittel kamen, danach fragte Niemand.
Von Mitte 1913 ab musste auch an die zu veranstaltende Feier der Einweihung herangetreten werden. Nach mehrfacher Durchberatung mit dem 1. Vorsitzenden des Deutschen Patriotenbundes mussten entsprechende Lagepläne für die verschiedenen Eingänge angefertigt werden. Weiter führte ich die Zeichnungen für die beiden großen Tribünen neben deren statischen Berechnungen dazu. Am vorderen Eingang musste ein Empfangszelt und auf der großen Freitreppe das Fürstenzelt errichtet werden. Als das letztere schon aufgebaut und dekoriert war, kamen am Tage vor der Einweihung einige Herren der Berliner Kriminalpolizei zu mir in das Baubüro und verlangten, dass der Unterbau des Fürstenzeltes sofort wieder freigelegt würde, damit sich die Herren überzeugen könnten, dass daselbst nicht etwa ein Attentat geplant sei. Da es schon spät am Nachmittag war, war es unmöglich dies unbillige Verlangen zu erfüllen. Endlich nach wiederholten Versicherungen meinerseits, dass nicht das geringste verdächtige unter dem Zelte sei, gaben sich die Herren zufrieden, nahmen jedoch meine Personalien zu Protokoll und machten mich persönlich für alles verantwortlich. Dass ich dann heilfroh war, als die Feier anderentags ohne den geringsten Zwischenfall verlief, lässt sich denken. Nach dieser Feier stellten sich die Herren wieder ein. Diesmal bedanken sie sich für den glatten Verlauf. Anlässlich der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals wurde unser langjähriger Vorsitzender und Gründer des Deutschen Patriotenbundes zum Kgl. Sächs. Geheimen Hofrat ernannt.
           Durch die schon während des Baues beobachtete eigenartige Akustik im Inneren des Völkerschlachtdenkmals veranlasst, wurde nach der Einweihung jeden Sonntag darin Musikaufführungen veranstaltet, wobei zur Beleuchtung Bogenlampen und in der Ruhmeshalle an den vier Seiten große Öllampen benutzt wurden. Leider kam es dabei oft vor, dass die Bogenlampen nach der damaligen üblichen Weise plötzlich versagten, um nach einiger Zeit wieder aufzuleuchten. Das wurde erst anders, als die Beleuchtungstechnik verbessert wurde und Glühlampen mit hoher Lichtstärke herausbrachte. Darauf wurde ein großer schmiedeeiserner Kronleuchter mit Glühlampen angebracht, der jedoch später durch einen Selbstmörder, der sich von der obersten Galerie herunterstürzte, mit herabgerissen wurde. Nun wurden zwei Lampen von je 1000 Watt in verschiedener Höhe übereinander angebracht, was sich bis heute als das Zweckmäßigste erwiesen hat.
            In den ersten Jahren nach der Einweihung wurde auch eine elektrische Orgel eingebaut. Obwohl man durch weitgehendste Isolierung und andere Vorsichtsmaßregeln der Empfindlichkeit der Orgel vorbeugen wollte, so litten doch die feinen zarten Membranen durch die Temperaturunterschiede so, dass diese Orgel später durch ein sogenanntes tropensicheres Harmonium ersetzt werden musste, wollte man nicht auf die klangvollen Wirkungen der Akustik verzichten.
            Die Gesamtbaukosten des Völkerschlachtdenkmals betrugen 6 Millionen Mk. Das Gewicht desselben gegen 6 Mill. Ztr. Oder 300.000 Tonnen. Die Höhe beträgt 91,- m, das ist 233 m über N.N. interessant dürften einige Angaben über den figürlichen Schmuck sein. So beträgt die Höhe der S. Michaelfigur in der 60 m breiten Reliefwand 19,60 m, der Kopf allein 1,60 m, das Schild, auf den sich diese Figur stützt, ist 5,- m hoch und oben fast 2,- m breit. Die Schrift „Gott mit uns“ über dem Relief ist 1,80 m hoch, die beiden Adler im Relief spannen 10,- m. Die oben außerhalb stehenden Freiheitswächter haben eine Höhe von 12,- m und führen innerhalb derselben die Wendeltreppen mit 60 cm Laufbreite empor. Die großen sitzenden Figuren in der Ruhmeshalle haben eine Höhe von 10,- m, der Kopf misst 1,60 m, die Fußsohle 2,25 m, der Mittelfinger 1,00 m. Das vor dem Denkmal liegende Wasserbecken hat eine Länge von 162 m bei einer größten Breite von 79 m und umfasst eine Wasserfläche von 11 240 qm. Das Wasser für die Füllung des Teiches hatte anfangs die Stadt Leipzig kostenlos übernommen, gab aber später nur noch 10 000 cbm ab, während der Mehrverbrauch tarifmäßig bezahlt werden muss.
            Gleichzeitig mit der Vollendung des Völkerschlachtdenkmals gründete der 1. Vorsitzende des Deutschen Patriotenbundes, Herr Geh. Hofrat Thieme, wie es auch die alten Meister bei ihren Dombauten getan, aus den am Bau beteiligt gewesenen Gewerken die „Bauhütte zur Erhaltung des Völkerschlachtdenkmals“. Das gewaltige Werk bedarf der ständigen Pflege und Beobachtung. Jahr aus, Jahr ein arbeitet der Kreislauf der Sonne mit seinem ewigen Wechsel von Frost und Hitze am Gestein. Alte Erfahrungen aus der Bauzeit sind von mir aus hier in der Bauhütte schriftlich niedergelegt. Sorgfältig registrierte Pläne und Zeichnungen lassen auch spätere Generationen einen Einblick gewinnen über alle Konstruktionsteile, Lage der elektrischen Licht-und Fernsprechkabel, der Wasserleitung, der Kanalisation und selbst bis auf die Schlüssel aller Türen. Die kleinsten, mitunter harmlos scheinenden Reparaturen müssen sogleich ausgeführt werden, sollen später nicht größere Ausgaben entstehen.
            Um allen später etwa auftretenden Zweiflern entgegen zu treten, will ich hier gleich bemerken, dass der Gründer des Deutschen Patriotenbundes, der bisherige 1. Vorsitzende Herr Geh. Hofrat Clemens Thieme, auch als der geistige Schöpfer und Erbauer des Völkerschlachtdenkmals zu gelten hat und kein anderer. Wenn auch Prof. Schmitz mit der Bearbeitung des Entwurfs beauftragt war, so erfolgten doch die jeweiligen zeichnerischen Darstellungen einzig und allein nach den direkt gemachten Angaben Thiemes. Vom ersten Entwurf v. Schmitz ist so gut wie nichts übrig geblieben. Alle gelieferten Zeichnungen verblüfften meist durch ihre riesenhaften Ausmaße und mussten erst für die Baustelle brauchbar gemacht werden. Alles andere, wie Kostenanschläge, statische Berechnungen, Ausarbeitung der Konstruktionen, der Entwässerung-, Licht- und Wasseranlagen, Vergebung der Arbeiten, Abschluss der Bauverträge und dergleichen mehr war der örtlichen Bauleitung überlassen.
            Erfreulicherweise kann festgestellt werden, dass sich heute schon das Arndt’sche Wort erfüllt hat, das Völkerschlachtdenkmal soll sein eine Irminsul des Deutschen Volkes, zu der noch die Enkel in späteren Zeiten wallfahrten werden.
O.R.           
   





Hist. Info: Vor über 200 Jahren fand vom 16. bis 19. Oktober 1813 bei Leipzig die Völkerschlacht statt. An der Schlacht beteiligten sich ca. 500.000 Soldaten. Den 190.000 Mann Napoleons standen im Kampf etwas mehr als 300.000 Verbündete gegenüber. 22.000 Russen, 16.000 Preußen, 12.000 Österreicher und 300 Schweden fielen bei Leipzig. Zur Erinnerung und Mahnung an die Schlacht wurde das Völkerschlachtdenkmal errichtet. Mit seiner Höhe von 91 Metern ist es das größte Erinnerungsmal in Europa. (aus Wikimedia Commons)






Bildnachweise:
1902_Fundamente_Völkerschlachtdenkmal:
von Hermann Walter (1838-1909) (Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv.-Nr. 4243) [Public domain], via Wikimedia Commons

Kaiserzelt bei Einweihung 1913, Feierlichkeiten zur Einweihnung 1913, Bau d. Völkerschlachtdenkmals, Bau d. Völkerschlachtdenkmals (12.10.)
von Atelier Hermann Walter  Bernhard Müller († 1930) Karl Walter (* 7. Dezember 1874; † 11. October 1940) [Public domain], via Wikimedia Commons
Bild aus Seite 501 in "Die Gartenlaube". (Scan des Originals) [Public domain], via Wikimedia Commons
von Anonym (private collection of Wolfgang Sauber (Xenophon)) [Public domain oder Public domain], via Wikimedia Commons
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von Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv.Nr.F/5716/2005, via Wikimedia Commons
von Jobel (Eigenes Werk) [CC0], via Wikimedia Commons
von Verlag Curt Schulte Leipzig [Public domain], via Wikimedia Commons
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Luftbild
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von Blackerking (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Statue Volkskraft, Erzengel 2
von Karl-Heinz Schmidt (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
von Ad Meskens (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons

Statue Tapferkeit, Statue, Fenster, Krypta, Relief Pferd, Relief Pferd Detail, Reiterrelief in Kuppel, Erzengel Michael
von Frank Vincentz (Eigenes Werk) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) oder CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons
https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ALeipzig_-_An_der_Tabaksm%C3%BChle_-_V%C3%B6lkerschlachtdenkmal_12_ies.jpg

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